Pflegende Angehörige - Plötzlicher Pflegefall, was nun?

Ein plötzlicher Pflegefall in der Familie wirft viele Fragen auf, denn es ändert sich nicht nur das Leben der zum Pflegefall gewordenen Person, sondern auch das der Angehörigen, die die Pflege übernehmen. Wie ist die Pflege zu organisieren? Welche Hilfe und Hilfsmittel benötigt die zu pflegende Person? Wie kann man Pflege und Berufstätigkeit miteinander vereinen? Wie pflege ich als Angehörige/r richtig? Wo erhalte ich welche Hilfe und Unterstützung? 

Beratungsstellen für pflegende Angehörige

Pflegende Familienangehörige haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine Pflegeberatung durch ihre Pflegekasse. In vielen Bundesländern, Kommunen und Gemeinden gibt es mittlerweile sogenannte Pflegestützpunkte oder auch örtliche Pflegeberatungsstellen.

Die Pflegekassen oder auch Service- oder Beratungsstellen der Kommunen oder Gemeinden geben Ihnen Auskunft über den nächstgelegenen Pflegestützpunkt bzw. die nächstgelegene Beratungsstelle. Die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater können Sie auch bei der Organisation der Pflege unterstützen.

Pflegeunterstützungsgeld

Wenn Sie berufstätig sind und sich um einen plötzlichen Pflegefall in der Familie kümmern müssen, so ist  durch das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) geregelt, dass nahe Angehörige kurzfristig bis zu 10 Tage unbezahlten Urlaub nehmen können, um die Pflege zu organisieren. Da es sich um unbezahlten Urlaub handelt, haben Sie während dieser Zeit Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, sofern Sie keine Entgeltfortzahlung seitens Ihres Arbeitgebers erhalten. 

Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt bis zu 90 Prozent des Netto-Monatslohns. Diese Lohnersatzleistung muss allerdings bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person beantragt werden.

Pflegezeit und Familienpflegezeit

Sie haben einen Anspruch auf Pflegezeit und/oder Familienpflegezeit. Dieser Anspruch ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen gebunden.

Einen Anspruch auf Pflegezeit haben alle Beschäftigte eines Unternehmens mit mindestens 15 Beschäftigten, die eine nahe angehörige Person (mit Pflegegrad) in deren häuslichen Umgebung pflegen. Die vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit zur Pflege Angehöriger kann für die Dauer von bis zu 6 Monaten erfolgen. Die Pflegezeit muss dem Arbeitgeber mindestens 10 Tage vor Inanspruchnahme schriftlich angekündigt werden. 

Übersteigt der Pflegebedarf den Zeitraum von 6 Monaten, so kann man sich, für die Dauer bis zu 24 Monaten, für die Familienpflegezeit entscheiden. Die Familienpflegezeit ist im Familienpflegegesetz geregelt. Der Rechtsanspruch besteht aber nur gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 25 Beschäftigten. Voraussetzung ist auch, dass die Pflegeperson in dieser Zeit mindestens 15 Stunden bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt ist. Die Ankündigungsfrist für die Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber beträgt 8 Wochen. 

Für die Pflegezeit oder Familienpflegezeit wird mit dem Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung getroffen, die auch den Zeitraum und Umfang der Freistellung erfasst. 

Auch die Kombination von Pflegezeit und Familienpflegezeit ist möglich. Die Freistellungszeit beträgt jedoch maximal 24 Monate.

Kündigungsschutz für pflegende Familienangehörige

Ab der Ankündigung, jedoch maximal 12 Wochen vor Beginn der angekündigten Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit, bis zum Ende der Familienpflegezeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz.

Krankenversicherung

Während der Pflegezeit und Familienpflegezeit besteht in der Regel Kranken- und Pflegeversicherungsschutz für gesetzlich versicherte Pflegepersonen.

Um auf der sicheren Seite zu sein, setzen Sie sich einfach direkt mit Ihrer Krankenversicherung in Verbindung, die Ihnen Auskunft erteilt, inwieweit Versicherungsschutz besteht.

Rentenansprüche

Unter bestimmten Voraussetzungen zahlt die Pflegeversicherung der Pflegeperson Beiträge zur Rentenversicherung. Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson ein oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 in ihrer häuslichen Umgebung pflegt. Die Pflege darf nicht erwerbsmäßig durchgeführt werden. Die pflegerische Tätigkeit muss mindestens 10 Stunden in der Woche betragen, die regelmäßig auf mindestens 2 Tage in der Woche verteilt sind.

Die Pflegeperson darf allerdings nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sein. Die Höhe der Beiträge zur Rentenversicherung ist abhängig von dem Pflegegrad der zu pflegenden Person/en und der bezogenen Leistungsart. D.h. abhängig davon, ob die zu pflegende Person nur Pflegegeld erhält oder ambulante Pflegesachleistungen oder eine Kombination aus beidem. 

Zinsloses Darlehen

Pflegende Angehörige haben während der Freistellung einen gesetzlichen Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen. Dieses Darlehen soll den finanziellen Verdienstausfall während der Zeit der Pflege mindern. Das Darlehen wird beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gestellt und nach Beendigung der Pflege in monatlichen Raten wieder zurückgezahlt. (www.bafza.de).

Pflegekurse für Angehörige

Die Pflegekassen bieten für pflegende Angehörige unentgeltliche Schulungskurse an. In den Kursen werden praktische Pflegeanleitungen und Tipps vermittelt, aber man kann sich auch ganz persönlich beraten lassen. Die Kurse bieten ebenso die Möglichkeit, dass pflegende Angehörige sich untereinander austauschen können. Auf Wunsch findet die Schulung auch in der häuslichen Umgebung der pflegebedürftigen Person statt.

Bei Pflegebedürftigen, die ausschließlich Pflegegeld beziehen und keinen Pflegedienst in Anspruch nehmen, werden regelmäßig häusliche Beratungseinsätze durchgeführt. Diese dienen dazu, zu beurteilen, ob die notwendige Pflege zu Hause von der/dem pflegenden Angehörigen zufriedenstellend gewährleistet werden kann.

Die Pflegekurse können sehr hilfreich sein, um Ihnen den Pflegealltag durch den richtigen Umgang damit zu erleichtern. Es besteht aber keine Pflicht, an einem solchen Kurs teilzunehmen.

Informationen, Merkblätter und Antragsformulare

Hier erhalten Sie eine telefonische Beratung, weitere Informationen, eine Checkliste für die Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz und nach dem Familienpflegezeitgesetz, Merkblätter und Musterformulare:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Servicebereich Familienpflegezeit